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Gedanken über das Dreieck "Geben-Danken-Nehmen" |
Die Welt hat sich verändert und verändert sich weiter. Verfolgte, Arbeitslose, Flüchtlinge, nun auch Opfer von Flutkatastrophen gibt es heute mehr als noch vor 10 Jahren. Unsere Hilfe ist gefragt, nicht nur von jedem Einzelnen, sondern auch von unserer Gemeinde für umfassende Ziele. Gerne erinnere ich mich an den gemeinsamen Aufbauwillen, der besonders beim Kirchenbau und der Gründung des Diakonievereines AGITE sichtbar wurde. Jeder trug nach Kräften zur Verwirklichung bei. Ein Kirchenmitglied bemerkte dazu, die Gabe solle größer sein als ein kleines Almosen und sagte schließlich: "Es muss wehtun!" Damit entsteht der Eindruck, Schmerz und Geben gehörten notwendigerweise zusammen. Das ist zwar nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Wenn es wirklich wehtut, spricht man treffender vom Opfern als vom Geben. Geben und Opfern haben ihre eigenen unverwechselbaren Plätze im christlichen Glaubensverständnis. Es lohnt sich darüber nachzudenken:
Paulus schreibt im 2. Brief an seine Korinther Gemeinde: "Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb" . Er spricht nicht vom Schmerz. Wer mit Freude gibt, tut dies nicht allein aus Mitleid oder Verantwortungsgefühl, sondern auch aus einem Gefühl innerer Freiheit. Diese Freiheit verstehe ich als ein der Liebesfähigkeit verwandtes Urvertrauen, das nicht notwendigerweise mit materiellem Reichtum zu tun hat. Aus dieser inneren Freiheit heraus finden Menschen ihren eigenen Weg zum Geben und diese Gabe ist dann kein Opfer, das schmerzt.
Wie aber gelange ich zu dieser Form innerer Freiheit? Meiner Meinung nach gehört zum Geben auch das Annehmen eines Geschenkes und schließlich das Danken - eine in der heutigen Zeit des Anspruchdenkens vernachlässigte Kunst. Sie ist aber erlernbar, ähnlich wie wir Begabungen unserer Kinder durch Pflege fördern um sie zu ihrem geistigen Besitz werden zu lassen. Das Auswendiglernen und Sprechen von Tischgebeten wäre ein Weg, denn Sprachregelungen wirken auf unser Bewusstsein zurück. Da das tägliche Brot hierzulande immer zur Verfügung steht, nehmen wir es als Selbstverständlichkeit. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Ich erinnere mich an die Situation, wie meine Mutter nach einem äußerst kargen Mittagsmahl während des strengen Nachkriegswinters 1946/47 zu uns Kindern sagte: "Wir haben nichts mehr zu essen für morgen!" Das stimmte, aber irgendwie kam dann doch Hilfe - GOTT sei DANK.
Dank erwächst aus dem Einüben einer Achtsamkeit für die großen und kleinen Zeichen von unverdienten Geschenken im täglichen Leben. Dieses Einüben kann auch in der konstruktiven Aufarbeitung von Erinnerungen bestehen. Das gesprochene Dankeschön ist der freundliche Ausdruck dieses Bewusstseins. Dem landläufigen Einwand, das "Dankschön" sei nur das Nachplappern einer Worthülse, widerspreche ich entschieden. Mir bedeutet diese Form der Einübung von Dank eine unschätzbare Lebenshilfe. Im Rückblick auf die Hochs - vor allem auch der Tiefs - meines Lebens fällt mir immer etwas Neues ein, wofür ich danken kann. Und es fällt mir dann leichter, diesen Dank in veränderter Gestalt an andere weiterzugeben.
Rolf Gutdeutsch
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Inhalt 2003-1
zum Frieden raten
Wirtschaft und Ethik
Geben-Danken- Nehmen
Opfer & Sinn
Opfer (Pollitt)
Willow-Creek Leitungsseminar
Singspiel- Premiere
Kreuzungen
Wie ein Strauß von Feldblumen
Terminübersicht April-Ende Juni
Impressum
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